Wie ist es, wenn du mal die Perspektive wechselt? Wie geht es dir damit, wie fühlst du dich dabei und wie ist das überhaupt machbar? Meine Kollegin Maria Hoffmann von Mondkatze.art und ich waren wahnsinnig motiviert, interessierten Achtsamkeitssuchenden neue Wege zu vermitteln, sich mal wieder mehr Zeit für sich zu nehmen, die hektischen Momente des Alltags hinter sich zu lassen und ein Buffet an Möglichkeiten zur Verfügung zu stellen, das die Teilnehmer auch außerhalb der Workshopräume für sich nutzen können. Die Teilnehmerinnen unseres Workshops am 26. Januar hatten die Möglichkeit, sich genau damit zu beschäftigen – auf eine Art und Weise, die uns wohl schneller verloren gegangen ist, als uns lieb ist. „Kreative Wege zur Achtsamkeit“, ein Tagesworkshop, in dem es rund um das Thema Achtsamkeit, Wahrnehmungstraining und Entdeckungen ging, hatte in diesem Arrangement seine Premiere.
Das Wort Achtsamkeit ist wohl derzeit in aller Munde. Vielleicht kannst du es schon gar nicht mehr hören. Es stehen uns jede Menge Anregungen zur Verfügung, die wir nutzen können, um achtsamer zu leben, um im Moment zu sein und den ganzen Stress unserer alltäglichen Routine zu vergessen. Maria und mir war es wichtig, all unsere Ideen mit kreativen Mitteln umzusetzen und den Teilnehmern einen Erfahrungsraum zu bieten, den sie so aus Büchern nicht kennen – nämlich mit musikalischen, künstlerischen und kreativen Anregungen. Pinsel, Stifte, Papier, klassische Musikstücke und Musikinstrumente waren an diesem Tag unsere Begleiter und Bereiter von neuen Erfahrungen. Wann war eigentlich der Moment, an dem wir aufhörten, uns Zeit zur Kreativität zu nehmen? Ohne es zu bemerken schleicht sich wohl genauer dieser Zeitpunkt ein und so leben wir mal schnell im Autopilot-Modus, der zwar wesentlich weniger Energie verbraucht, aber uns auch unsere Wachheit für den Moment klaut. Sammeln wir allerdings neue Erfahrungen, so bekommen wir einen guten Abstand zu ihm und können ganz wach und lebendig an neue Entdeckungen herangehen und vielleicht mal wieder zu uns selbst finden. Und wie kann das besser gehen als an einem Tag, der nur für uns selbst gedacht ist? Ein Tag, der voller Möglichkeiten ist, Dinge zu erfühlen, zu erspüren, zu hören, zu berühren, zu kreieren und sich dann in einem Maße zu reflektieren, das wohl ein Spiegelbild unseres eigenen Lebens sein kann. Wir erkennen, was uns zufrieden machen kann, wir entdecken, dass es die kleinen Dinge sein können, die uns glücklich machen und vor allem erahnen wir durch einen kreativen, objektiven Umgang mit Kunst und Musik auch, wie wichtig, wertvoll und lohnenswert es ist, die Dinge so zu betrachten wie sie sind – ohne Interpretationen oder Wertungen. Auch die Workshopteilnehmerinnen merkten, dass es sich lohnt, Beschreibungen vorzunehmen ohne eine Sache zu bewerten. Musik und Bilder können der Schlüssel für diese Fähigkeit sein. Betrachten wir das Gehörte objektiv, so fallen uns Begriffe ein wie „laut und leise“, „langsam oder schnell“ und „Da spielen Streichinstrumente“ – schnell merken wir, dass wir auch Musik öfter bewerten und gleich davon sprechen, ob sie uns gefällt oder ob sie uns missfällt. Doch beschäftigen wir uns wirklich mehr mit unserem Hörsinn, so nehmen wir Details wahr, sind wacher für das, was das Musikstück wohl noch so für uns bereithält. Eine Fähigkeit, die uns auch in unserem vielfältigen Alltag zu Gute kommen kann. So war es auch in einem anderen Teil unseres Kreativworkshops – da ging es nämlich darum, mit verschiedenen Farben, Stiften, Materialien und Techniken etwas Neues auszuprobieren. Zunächst stand das Objekt im Zentrum der Aufmerksamkeit: Die Zeichnerinnen entdeckten ihre Umwelt, wechselten ihre Perspektive und widmeten sich den Dingen mit Achtsamkeit, die sie in den Räumlichkeiten finden konnten. Doch nicht nur das Objekt allein wird dabei Gegenstand der Wahrnehmung – die eigenen Gedanken, Gefühle und Grenzen konnten bewusst werden. Anschließend erkundeten sie mit Farben und Formen ihre eigene Kreativität. Im Spiel mit Wasser, Farbe und Material erschufen sie Bilder zwischen Plan und Zufall. So konnten Möglichkeiten, wir nennen es Ressourcen, kennen gelernt werden, die wir durch unsere Lebenserfahrungen wohl manchmal weiter hinten angestellt haben, weil so oft andere Dinge wichtiger erscheinen. Doch wer, wenn nicht Du, ist die wichtigste Person in deinem Leben? Kennst du dich wirklich so gut, wie du es vielleicht gerne würdest? Und wenn nicht, was tust du dafür, um dich besser in deinen Stärken kennen zu lernen? Wir finden, dass wir durch Glaubenssätze, durch Erfahrungen und auch Bewertungen den Weg zur Kreativität wohl irgendwie verloren haben, obwohl es so eine fantastische Möglichkeit ist, Entdeckungen zu machen. Wir haben uns in unserer Kindheit nicht davor gescheut, diese Erfahrungen zu machen, weil wir neugierig waren. Und heute? Heute weiß unser Autopilot wohl manchmal schon, wie sich welche Erfahrung anfühlen könnte und deshalb verzichten wir darauf, sie noch einmal zu tun, weil wir „ja eh schon alles kennen“. Ein achtsamer Umgang mit den Erlebnissen unseres Alltags und mit unseren kreativen Ressourcen kann helfen, diesen Autopiloten kurz auszuschalten. Solche Momente lassen uns atmen, sehen, hören und schaffen ein neues Bewusstsein für uns selbst. Unser Workshop war eine Einladung, sich auf diese Momente einzulassen. Sind wir wach und lebendig, so erleben wir das Leben bewusster, wir sind dankbarer für all das, was uns begegnet und auch wenn wir negative Erfahrungen sammeln, und das bleibt wohl niemandem erspart, gibt es immer wieder Dinge, die uns zufrieden stimmen können, wenn wir nur wollen.
Das Ziel unseres Workshops war es, den Teilnehmerinnen einen Zugang zu ihrer eigenen Kreativität zu bieten und Möglichkeiten zu geben, die sich auch im Alltag anwenden lassen. Inhalte waren unter anderem Methoden des „Wahrnehmungstrainings mit Musik“ (Ch. Schwabe), Instrumentalspiel und Klangerkundung, Erweiterung der Wahrnehmung durch Einbeziehung aller Sinne, Doodling, Methoden des Zeichnens und Skizzierens (unter anderem Vornehmen eines Perspektivwechsels beim Abbilden eines Objektes) und natürlich das Reflektieren des Wahrgenommenen.
„Hast du mal ´nen Moment?“ – so der Slogan unseres Workshops. Wir hoffen, dass jede Teilnehmerin nicht nur einen einzigen Moment für sich gewinnen konnte, sondern ganz viele wertvolle Momente, die sie dann, wie in dem Rucksack, verstauen kann und immer wieder hervorholen kann, um sich auf die eigenen Stärken zu besinnen. Denn nur so schöpfen wir Kraft, werden lebendig und können uns von dem Autopiloten trennen, der uns viel zu oft begleitet.