Geht es um die Sprachentwicklung von Kindern, so ist in der Linguistik von vier Sprachebenen die Rede. Auf diesen Ebenen entwickeln Kinder ihre sprachlichen Fertigkeiten mit dem Ziel der Kommunikationsfähigkeit und sozialen Teilhabe. Wir LogopädInnen arbeiten hierbei, je nach Auffälligkeit, mit gezielten Methoden, Konzepten und Übungen auf diesen unterschiedlichen Ebenen.
Auch Musik und musikgestützte Elemente sind ein wertvoller Schatz auf diesen Ebenen, um Kinder multisensorisch unterstützen zu können. In meinem Beitrag möchte ich dir gern eine (wirklich kurze!) Einführung in die vier sprachlichen Ebenen geben und dir jeweils einen musikgestützten Übungsimpuls geben.
Die vier linguistischen Ebenen auf einen Blick:
- Phonetisch-phonologische Ebene
- Morphologisch-syntaktische Ebene
- Semantisch-lexikalische Ebene
- Pragmatisch-kommunikative Ebene
Los geht’s …
1. Phonetisch-Phonologische Ebene
Hier geht es um die auditive Wahrnehmung mit all ihren Teilleistungen (z.B. Differenzierung, Identifikation oder Selektion). Musik eignet sich besonders gut, um Klänge, Töne und Geräusche voneinander zu unterscheiden und somit positiv auf die phonologische Bewusstheit zu wirken. Auf dieser Ebene geht es auch um die Aussprache und Unterscheidung unserer Sprachlaute. Doch bevor ein Kind diese Laute artikulieren kann, benötigt es als Basisfertigkeit ein gewisses Verständnis vom Aufbau dieser Klänge, Geräusche und Laute.
Übungsidee
Suche dir Instrumente, die sich eignen, um laut/leise, hoch/tief, schnell/langsam und lang/kurz zu unterscheiden. Du kannst dazu außerdem Referenzbilder nutzen und diese vorher im Stundenverlauf einführen (Bsp.: Schnecke als Symbol für „langsam“)
Mögliche Instrumente sind:
Trommel (kurz/lang, schnell/langsam, laut/leise)
Klavier (hoch/tief, kurz/lang, laut/leise)
Triangel (laut/leise, kurz/lang)
Xylophon (laut/leise, schnell/langsam)
Klangschale (laut/leise, lang/kurz)
2. Morphologisch-syntaktische Ebene
Sätze zusammenstellen und Wörter korrekt beugen – so können Zusammenhänge verbalisiert werden. Hierbei dreht sich im Prozess der Sprachentwicklung alles um den Sprachrhythmus und die -melodie! Ein Kind benötigt für den Grammatikerwerb Melodie- und Rhythmusgefühl (z.B. um Anfang und Ende eines gesprochenen Wortes zu erkennen).
Übungsidee
Nimm dir ein Instrument deiner Wahl. Nun kommen wir zu einer Imitationsübung: du kannst auf deinem Instrument ein bestimmtes Betonungsmuster vorspielen, das das Kind anschließend imitieren soll. Zum Beispiel kannst du dafür ein Xylophon nutzen und einmal laut (betont) auf einen Klangstab klopfen, anschließend einmal leise (unbetont). Variiere die Übung, je nachdem wie es für das Kind möglich ist.
3. Semantisch-lexikalische Ebene
Mit dieser Ebenen widmen wir uns dem Wortschatzaufbau und den Wortbedeutungen. Natürlich ist eine gezielte logopädische Therapie notwendig, um den Wortschatz zu erweitern, denn Kinder mit Defiziten in diesem Bereich benötigen gezielte Strategien für ihren Alltag. Doch auch musikgestützte Angebote helfen hier, denn Lieder eignen sich supergut, um Wörter oft zu wiederholen ohne dem Kind einen Übungscharakter zu vermitteln. Kinderlieder finden wir in ganz unterschiedlichen semantischen Feldern und somit kannst du ganz gezielt auswählen. Aktiver und passiver Wortschatz werden erweitert, außerdem können Mimik und Gestik unterstützend genutzt werden sowie passende Gegenstände oder Bildkarten.
Übungsidee
Suche dir in einem Liederbuch ein Lied aus, das du in dieser Woche mit einem Patienten / einer Patientin singen wirst. Schaue dir genau an, welches Lied zum aktuellen, semantischen Trainingsfeld passt und untersuche es auf Fördermöglichkeiten – z.B.
Farbenlieder: Du kannst passende Tücher, Gegenstände oder Stifte nutzen
Lieder mit vielen Verben: Nachdem ihr gesungen habt, könnt ihr besprechen, was „gemacht“ wurde und somit gleichermaßen die Partizip2-Bildung üben („Die Handwerker haben gestrichen.“, „Die Schlangen haben gestritten.“, „Wir sind gehüpft.“, „Wir haben geklatscht.“)
Tierlieder: Ihr könnt die Tiergeräusche nachahmen, euch je drei Eigenschaften pro Tier überlegen oder euch wie die Tiere bewegen
4. Pragmatisch-kommunikative Ebene
Gut ausgebildete Kommunikationsfertigkeiten sind das höchste Ziel, das wir mit unserer logopädischen Therapie verfolgen, um Kindern die soziale Teilhabe zu ermöglichen und zu erleichtern. Innerhalb bestimmter Kommunikationssituationen adäquat zu reagieren, sich auf KommunikationspartnerInnen einzustellen und Denken mit Sprache zu verknüpfen sind Themen dieser linguistischen Ebene. Gerade mit musikalischen Rollenspielen können wir dies unterstützen – ich zeige mich mutig, dann nehme ich mich zurück, höre zu, bin wieder dran und wechsele mich mit anderen ab.
Übungsidee
Die Übung geht damit los, dass gemeinsam zwei Instrumente ausgesucht werden. In diesem Atemzug könnt ihr besprechen, warum ihr euch dieses Instrument ausgewählt habt. Dann geht das Rede – Antwort – Spiel los. Ihr wechselt euch ab und könnt dabei in Kommunikation miteinander treten (Wie ist es, wenn du gezielt einen gegensätzlichen Impuls setzt? / Wie reagiert das Kind, wenn du genau das Gleiche imitierst? / Wie könnt ein angefangener Rhythmus fortgeführt werden? / Entsteht irgendwann ein gemeinsames Spiel, bei dem ihr euch trotzdem noch gegenseitig zuhört? / Wer beginnt, wer hört auf? Brauchst du eine Struktur oder kannst du zulassen, dass es keine festgelegten Regeln gibt? / Wie könntet ihr ohne zu sprechen ein Gefühl auf dem Instrument darstellen oder gar euren Tag?)
Ich wünsche dir Lust am Experimentieren, Improvisieren und Musizieren und würde mich so sehr über eine Rückmeldung von dir freuen!
Apropos – im April startet mein 3-wöchiger Onlinkurs „Therapeutisches Musizieren in der Logopädie“ – bis zum 31. Januar kannst du dich noch zum EARLY BIRD PREIS anmelden und bekommst zusätzlich mein Kartenset „Singen Hüpfen Klingen – musikalische Ideen zur Sprachförderung“ geschenkt. Im Kartenset findest du noch viele weitere Möglichkeiten, dein Kind mit musikgestützten Ideen in Sachen Sprachentwicklung zu fördern.