Wir allen kennen es: Musik begleitet uns auf vielen Lebenswegen, sie fasziniert uns, lässt uns aufblühen und erinnern. An manchen Tagen kann sie uns zu Tränen rühren, manchmal brauchen wir sie, um unseren Körper und Geist mit Glücksgefühlen aufzufüllen. Doch wie machen sich nun MusiktherapeutInnen die Vielseitigkeit von Klängen, Rhythmen, Instrumenten, Kompositionen und Liedern zu Nutze?
15.11.2021 – Europa feiert den EUROPÄISCHEN TAG DER MUSIKTHERAPIE. Getreu des Mottos “Share your emotion” wird heute mit vielen Projekten, Initiativen und öffentlichen Beiträgen die vielseitige, wichtige und therapeutische Wirkung von Musik in den Mittelpunkt gestellt!
Musiktherapie lässt sich als Wissenschaftsdisziplin, die sich in den Bereichen zwischen Medizin, Psychotherapie, Pädagogik, Musikwissenschaft und Gesellschaftswissenschaft bewegt, einordnen. Sie dient als therapeutisches Angebot für Menschen, deren bio-psycho-soziale Balance aus dem Gleichgewicht geraten ist und welche mit ganz unterschiedlichen Krankheitsbildern ihren Lebensweg gehen. MusiktherapeutInnen nutzen Musik als nonverbales Ausdrucks- und Kommunikationsmittel, um therapeutisch wirksame Prozesse anzuregen und dem Menschen gezielt therapeutische Impulse zu neuen Wegen innerhalb von Beziehungsgestaltung, Wahrnehmungserweiterung und Krankheitsbewältigung anzubieten. Nicht durch Musikhören oder Musikmachen allein kann der Mensch gesund werden, sondern durch einen begleiteten therapeutischen Prozess, der zur Selbstaktivität und -behandlung beiträgt und es möglich macht, verborgene Ressourcen (neu) zu entdecken. Musiktherapie spricht den Menschen auf ganzheitlicher Ebene an – besonders aber auf handlungsorientierter Ebene. Das ist das Alleinstellungsmerkmal musiktherapeutischer Methodik und dieser besonderen, therapeutischen Beziehungsgestaltung. Zum Einsatz kommen bspw. Instrumente, die die menschlichen Sinne auf unterschiedliche Weise ansprechen, die leicht spielbar sind und die einen Wahrnehmungsprozess durch gezielten Einsatz anregen. Neben den „Basis-Instrumenten“ wie der menschlichen Stimme, einer Gitarre oder dem Klavier, arbeiten MusiktherapeutInnen häufig mit weiteren klangvollen, vielseitigen und den gesamten Menschen ansprechenden Instrumenten. Aber auch reflektierende Gespräche über das innerhalb der Therapie Erlebte sind essentiell und benötigen eine fundierte therapeutische Ausbildung. So werden in Deutschland MusiktherapeutInnen seit den 1980er-Jahren ausgebildet und arbeiten anschließend als Dipl.-MusiktherapeutInnen (mittlerweile mit Bachelor- und Masterabschluss) in heilpädagogischen Einrichtungen, Rehabilitationskliniken, Einrichtungen der Gesundheitsfürsorge, Akutkliniken und anderen Bereichen der Gesundheitsbranche. Innerhalb der vergangenen zehn Jahre entwickelte und etablierte sich eine Zertifizierungs- und Weiterbildungsordnung, um Qualitätssicherung zu leisten und PatientInnen eine hochwertige, qualifizierte Therapie anzubieten. Doch trotz all dieser berufspolitischen Fortschritte gibt es im Jahr 2021 noch immer keine Möglichkeit, Musiktherapie ambulant, vergleichsweise wie z.B. psychotherapeutische, logopädische, physiotherapeutische oder ergotherapeutische Leistungen bei den Krankenkassen abzurechnen. Aus diesen Gründen leistet der Berufs- und Fachverband DMtG (Deutsche musiktherapeutische Gesellschaft) seit mehreren Jahren großartige Versuche auf gesundheitspolitischer Ebene mit dem Ziel eines einheitlichen Berufsgesetzes in Deutschland, um die Bedeutung des Berufs der MusiktherapeutInnen zu erhöhen und vor allem aber aus Gründen des Patientenschutzes. Denn ohne vorhandenes Berufsgesetz könnte sich nun jeder in Deutschland, auch ohne fundierte, wissenschaftliche, psychotherapeutisch orientierte Ausbildung, MusiktherapeutIn nennen und somit auf unterschiedlich hohem Niveau aktiv werden. Deshalb empfiehlt der Berufsverband, dringend einen Blick in das „Nationale Register der Musiktherapeuten in Deutschland“ zu werfen, wenn man auf der Suche nach kompetenten, zertifizierten MusiktherapeutInnen ist. Zum „Europäischen Tag der Musiktherapie“ unter dem Motto „Share your Emotion“ sei dringend auf das vielfältige Wirken von MusiktherapeutInnen hingewiesen, die sich in rehabilitativen, präventiven und palliativen Bereichen (in enger interdisziplinärer Zusammenarbeit mit anderen TherapeutInnen, ÄrztInnen und pflegerischem Personal) um den Menschen sorgen. Entwicklungsstörungen, Behinderungen und psychosoziale Beeinträchtigungen gehören ebenfalls zum Behandlungsspektrum wie die Arbeit mit Menschen in Krisen- und Konfliktsituationen. Musiktherapeutische Interventionen sind offen für Menschen jedes Lebensalters und schließen unterschiedliche körperliche, psychische, sozial-emotionale und geistige Aspekte ein. Und wenn man auf die Geschichte der Musiktherapie blickt, so wird deutlich, dass Musik schon seit Jahrtausenden zur Stärkung der Gesundheit beiträgt.