Wir kennen das von uns – Musik kann uns auf ganz unterschiedliche Art und Weise berühren und unser Gemüt in unterschiedliche Stimmungen versetzen. Wo Worte enden, setzt Musik an. Schon immer in der Menschheitsgeschichte spielte Musik eine essentielle Rolle – als Kommunikationsmittel, als Erkennungsmerkmal unterschiedlicher Kulturen, als Kunst, aber vor allem auch als etwas, das uns in verschiedenen Situationen unterstützend begleitet. In Entwicklungsbereichen von Kindern sehe ich Musik und all das, was zu ihr gehören kann, als nicht unwesentliches Medium zur Förderung. Die Kombination musikalischer Elemente innerhalb der Förderung von Wortschatz, Sprachverständnis, Sprachrhythmus und Sprechfreude wirkt sich durch vielerlei Varianten positiv auf die Sprachentwicklung aus.
Kinderlieder
„Fuchs, du hast die Gans gestohlen, gib sie wieder her“ oder „Alle meine Entchen“ – Kinderlieder, die jeder kennt und die er an die eigenen Kinder weitergibt. Oder: weitergeben sollte. Kinderlieder halten sehr viel für die Entwicklung bereit: sie zeigen uns neue Welten und bieten uns Chancen zur Erweiterung des Umweltwissens. Wir lernen Tiere und Menschen kennen und entdecken spannende Zusammenhänge. Wir lernen Farben, Zahlen und Regeln. Kinderlieder machen uns neugierig auf die nächsten Textzeilen und sie bringen uns in Bewegung, was nicht minder wichtig auch für die sprachliche Entwicklung ist (lest dazu auch gerne meinen Beitrag “Kinder, bewegt euch”). Ohne es zu bemerken, bringen Eltern ihren Kindern mit lustigen, ernsten, tierischen, bunten, bewegungsfreudigen und cleveren Liedern die Entdeckung unserer Welt näher und fördern somit ganz unbewusst die Sprache – Tiergeräusche werden nachgeahmt, unterschiedliche Laute imitiert und Wörter wiederholt. Gleichermaßen werden Hörwahrnehmung, Merkfähigkeit und die soziale Interaktion gefördert. Und auch wenn ich all das als Förderung aufzähle, geschieht es unbewusst und aus dem (Er)Leben heraus.
Sprachverständnis fördern mit Liedern
Bevor überhaupt der aktive Wortschatz entstehen kann, bildet das Sprachverständnis die Voraussetzung. Viele bekannte Kinderlieder bieten die Möglichkeit, das zu imitieren, was im Text gesungen wird. Spontan hierzu fallen mir Lieder ein wie „Wenn du glücklich bist, dann klatsche in die Hand“ oder „Brüderchen, komm tanz mit mir, beide Hände reich ich dir“. Aufforderungen, die in den Texten zu trage kommen, können miteinander erlebt werden. Anschließend ist es natürlich auch möglich, noch einmal die Dinge, die im Lied vorkamen, ohne Musik zu besprechen oder eventuell Bildkarten zu den vorgekommenen Tätigkeiten mit einzubauen.
Reime und Fingerspiele
Auch wenn Reime und Fingerspiele erst einmal scheinen, als hätten sie nicht viel mit Musik am Hut, sind sie doch ein sehr gutes Sprachfördermittel. Sie sind rhythmisch und führen über musikalische Mittel zur Sprache und lassen sich spielerisch schon bei den Kleinsten in den Alltag einbauen. Altbewährte Fingerspiele wie „Das ist der Daumen, der schüttelt die Pflaumen“ müssen nicht neu erfunden werden, um die Kids zu fördern und ihnen Freude an ersten sprachlichen Eindrücken zu bereiten. Mit etwas Fantasie und Kreativität können sich Eltern, Erzieher und all die, die mit Kindern leben, auch Neues einfallen lassen und eigene Reim- und Fingerspiele erfinden. Ich versuche oftmals, die Texte der Fingerspiele mit einem Singsang zu verbinden. Das können bekannte und unbekannte Melodien sein oder auch einfach Töne, die aus der Situation heraus entstehen. Werden Kinder gleich von früh auf mit Reimen und Rhythmus bekannt gemacht, wird die phonologische Bewusstheit (= die Bewusstheit für Laute, Silben, Reime und Sprache) gefördert.
Freies Spiel auf einfachen Instrumenten
Das freie Spiel bedeutet für die kindliche Entwicklung die Voraussetzung zur Ausbildung von Kreativität, Individualität, Rolleneinnahme, Entdeckungen, Ich-Identität und motorischer Handlungsfähigkeit, um nur einige Schwerpunkte zu nennen. Oft denken wir, wir müssten jede Minute des Tages für das Kind durchplanen, um ihm die bestmögliche Entwicklung zu geben. Das ist auch ein guter Gedanke, denn so zeigen wir ihnen die Welt, das Leben und die Bedeutungen von Wörtern. Umso wichtiger sind die Zeiten der Freiräume, in denen das Kind die Welt auch auf seine Art und Weise entdecken kann und Dingen eine andere Aufmerksamkeit schenken kann, um sie kennen zu lernen. Instrumente eigenen sich hierbei wunderbar – hierbei meine ich „einfache Instrumente“ (Orff-Instrumentarium). Rasseln, kleine Trommeln, Schellenringe, Xylophone oder Klanghölzer können ganz unterschiedlich miteinander ausprobiert werden. Sie können sich manchmal wie ein Tier anhören, sie können leise oder laut sein, sie können stellvertretend für eine Person oder eine Märchenfigur stehen, sie können groß sein oder klein und sich ganz verschieden in unseren Händen anfühlen. Auf manchen Instrumenten können wir Melodien spielen, andere geben nur einzelne gleich klingende Geräusche von sich. Die Welt dieser zu entdecken macht jede Menge Spaß und bietet vielfältigen Entwicklungsbereichen Beachtung. Zusammenfassung fördert das freie Spiel mit einfachen Instrumenten die Hörwahrnehmung und die Differenzierung von laut und leise, von hoch und tief, von lang und kurz. Außerdem werden Konzentration und Aufmerksamkeit geschult, das genaue Hinhören und Erkennen. Manche Klänge bekommen Bedeutungen und Assoziationen werden entwickelt. Ganz klar auch hier die feinmotorische Entwicklung und die taktile Wahrnehmung (zum Beispiel könnte man bei besserer Bekanntheit der Instrumente gemeinsam mit dem Kind die Instrumente erfühlen).
Klanggeschichten
Klanggeschichten lassen sich mit den Instrumenten verbinden, die ich in dem Punkt darüber genannt habe. Es sind Geschichten, in denen Töne, Klänge und Geräusche eine wichtige Rolle spielen und die Instrumente stellvertretend für Dinge, Naturereignisse, Tiere oder Menschen stehen. Am meisten Spaß macht diese Art von Geschichten innerhalb einer Gruppe mehrerer Kinder. So hat jedes Kind die Möglichkeit, mit seinem Instrument hervorzutreten, aber auch abzuwarten, bis das nächste Kind dran ist. Es ist wichtig, voll und ganz bei der Sache zu sein, um den eigenen Einsatz (natürlich mit Hilfe) nicht zu verpassen und trotzdem den anderen zuzuhören. Fördert Spaß am Musizieren, die Einnahme verschiedener sozialer Rollen, Hörwahrnehmung, Wortbedeutung, Aufmerksamkeit und Konzentration. Und vielleicht kann man ja auch einfach gemeinsam mit den Kindern die Geschichte vorher erfinden.
Wie ihr seht, lässt Musik sich mit ein bisschen Kreativität und Fantasie wohl öfter in den Alltag einbauen, als wir manchmal denken. Und das ist gut so. Denn auch wir können uns Musik schon fast gar nicht mehr aus unserem täglichen Ablauf wegdenken, oder? Nicht nur die genannten Punkte bieten Fördermöglichkeiten – wenn ihr ab und an auf meinem Blog vorbeischaut, könnt ihr noch mehr davon entdecken!